In den letzten Tagen ist Wiener Neudorf durch Zeitungsberichte und durch Aussagen in sozialen Medien stark in Verruf geraten – dies leider mit einer konkreten Berechtigung. Wie Sie wahrscheinlich mittlerweile wissen, hat ein syrischer Flüchtling, der zum Tatzeitpunkt am Reisenbauer-Ring wohnhaft war, eine junge Dame desselben Hauses mehrfach sexuell belästigt – und dies mittlerweile auch zugegeben. Weil die Belästigung offenbar nicht brutal und gewalttätig genug war, musste der Staatsanwalt die U-Haft nach wenigen Tagen aufgrund der bestehenden Gesetze wieder beenden. Einzig ein temporäres Betretungsverbot für den gesamten Reisenbauer-Ring wurde ausgesprochen. Selbstverständlich gilt nach Österreichischem Recht bis zum Richterspruch die Unschuldsvermutung.
Ich verurteile diese Tat auf das Schärfste und werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit dieser junge Mann, der nie in einer Einrichtung der Gemeinde untergebracht war und nie von einer Organisation betreut wurde, die mit der Gemeinde zusammenarbeitet, niemals wieder eine Wohnmöglichkeit in unserem Ort bekommt.
Ich habe kein Verständnis für Aussagen, dass man die traumatischen Erlebnisse des Syrers, den Krieg, die Flucht, die Sehnsucht nach einer Frau und ähnliches in die Beurteilung und Bewertung der Tat miteinbeziehen müsse. Bei aller meiner christlichen Überzeugung, dass Verzeihen eigentlich immer möglich sein muss: Hier ist es dies zum jetzigen Zeitpunkt für mich nicht. Mein Mitgefühl und meine Unterstützung, die ich der Familie bereits zugesagt habe, gilt einzig und alleine dem Opfer.
Dieser Mensch hat mit seinen Taten nicht nur die bislang heile Welt einer jungen Dame mitsamt ihrer Familie für einen ungewissen Zeitraum zerstört, sondern auch das gute Sicherheitsgefühl, das alle Mädchen in unserem Ort bislang haben durften. Ich verspreche Ihnen, alles daran zu setzen, dass dieses Gefühl in einem der sichersten Orte in einem der sichersten Länder der Welt nicht durch die Verbrechen eines einzelnen zerrüttet wird. Dass sich alle – und im Speziellen unsere Kinder und Jugendlichen – überall in Wiener Neudorf sicher fühlen können, gehört zum bisherigen Selbstverständnis und dies muss auch in Hinkunft so bleiben.
Trotz dieser Vorkommnisse lasse ich mir nicht die geordnete, gut überlegte und begrenzte Flüchtlingspolitik, die die Gemeinde mit Hilfe von Freiwilligen von verschiedensten Organisationen und durch das SOS-Kinderdorf seit einem knappen Jahr positiv erledigen konnte, schlecht reden und schlecht machen. Alle Flüchtlinge und Flüchtlingsfamilien, die mit Unterstützung der Gemeinde von SOS-Kinderdorf, der Pfarre Wiener Neudorf, den Pfadfindern und auch der Freiwilligen Feuerwehr und von zahlreichen Ehrenamtlichen bei uns leben, versuchen sich aus meiner Sicht bestmöglich an unsere Kultur und unsere Werte zu gewöhnen und sich zu integrieren. Ich kann und werde mich aber für niemanden verbürgen.
Ich ersuche Sie abschließend darum nicht zu verallgemeinern und nicht zu generalisieren und die Fähigkeit zu derartigen Verbrechen nicht auch bei anderen, in diesem konkreten Fall bei anderen Flüchtlingen, anzunehmen.