Das „Van-der-Bellen-Lager“ warnt vor Norbert Hofer als Bundespräsident. Und malt ein düsteres Bild für Österreich, würde er Bundespräsident werden. Das „Hofer-Lager“ warnt vor Alexander Van der Bellen als Bundespräsident. Und malt ein düsteres Bild für Österreich, sollte er Bundespräsident werden.
Erstmals in der Geschichte von Wahlen geht es offenbar nicht um Argumente, warum man den Kandidaten wählen, sondern vorrangig darum, warum man den Gegenkandidaten nicht wählen soll bzw. darf. Den einen würde sowieso nur die Schickeria unterstützen, sagen die anderen und den anderen nur die Freunde um Maria Le Pen, sagen die einen.
Jetzt schreibe ich diesen Blog noch knapp vor der letzten ORF-Diskussionsrunde. Und vielleicht haben wir allesamt in zwei Stunden die Argumente, auf die wir warten.
Ich gebe zu, dass ich nach der ATV-Diskussion für ein paar Stunden überlegt habe, erstmals in meinem Leben „weiß“ zu wählen. Denn eigentlich haben sich damit für mich beide Herren für dieses Amt disqualifiziert. Die Erklärung, es hätte sich um ein Experiment gehandelt und es wäre eine Diskussion ohne Moderator gewesen, ist schon ein wenig eigentümlich. Denn bei den meisten Gesprächen, die ein Bundespräsident führt, ist eher kein Moderator anwesend – nehme ich einmal an. Und es kann schon sein, dass Gespräche heftiger verlaufen und gerade dann ist Professionalität gefragt, wenn es schwierig wird – und gerade dann möchte ich mich auf einen Präsidenten verlassen können. Und es wird wohl öfter vorkommen, dass ein Präsident mit jemand zu sprechen hat, den er in Wirklich nicht ausstehen kann. Dann kann ein Präsident auch nicht den Scheibenwischer zeigen, selbst wenn er in Nordkorea zu Gast ist. Und dann kann ein Präsident andererseits auch nicht ständig provozieren, auch wen ihm das Gegenüber gewaltig auf die Socken geht.
Die Wahl ist „a schware Partie fia mi“. Wahrscheinlich nicht nur für mich.
Denn eigentlich verbietet es mir mein demokratisches Selbstverständnis weiß zu wählen, weil das ja im Endeffekt nichts bringt, nichts nützt und auch nichts bewirkt. Es ist der Lagerwahlkampf geworden, den ich befürchtet habe. Und eigentlich will ich mich auch nicht zwischen einem Rechtsaußen-Kandidaten und einem Linksaußen-Kandidaten entscheiden. ich rechne mit einem sehr sehr knappen Ergebnis, also wird knapp die Hälfte der Österreicher mit dem Ergebnis am kommenden Sonntag gewaltig unzufrieden sein. Ein Bundespräsident für alle wird der Neue wohl sehr lange, wenn überhaupt, nicht werden. Eigentliche keine guten Voraussetzungen.
Weiß wählen geht für mich nicht.
Manchmal hilft – nicht nur mir – die Literatur. Ich habe vor einigen Jahren eine Geschichte veröffentlichet, worin ich die Hauptfigur namens Musche Wiener in einem Disput sagen ließ: „Im Zweifelsfall sind mir die Erben der 68er-Bewegung noch allemal lieber als die der 38er.“
Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, ob dieser Satz im Zweifelsfall eine Auswirkung auf mein Wahlverhalten am kommenden Sonntag haben wird oder vielleicht sogar haben muss.
Mal nachdenken!