Vorweg: Wenn ich in der maskulinen Form schreibe, dann sind die Damen mitgemeint und umgekehrt, wenn ich in der femininen Form schreibe, dann sind die Herren mitgemeint.
Wie immer gilt die Unschuldsvermutung. Das galt schon vor 110 Jahren in einer gänzlich anderen Angelegenheit beim Fall „Alfred Redl“ und das gilt auch heute bei „Alfred Riedl“. Denn natürlich kann es einen Grund dafür geben, dass jemand eine Liegenschaft um 13 Cent pro Quadratmeter kauft, die eigentlich knapp € 30,- pro Quadratmeter wert ist. Mir fällt allerdings auf die Schnelle keiner ein, aber ich kenne die Gegebenheiten der Gemeinde Grafenwörth auch viel zu wenig, um mir ein Urteil bilden zu dürfen. Die Frage ist, warum ein Verkäufer eine Liegenschaft derart unter Wert verkauft. Und natürlich ist es dann verdächtig, wenn der Käufer der Bürgermeister ist – und die Verkäuferin eine Baufirma. Und es sollen ja angeblich noch mehrere andere „verdächtige“ Grundstücksaktionen in dieser Gemeinde stattgefunden haben. Aber solange nichts bewiesen und nachgewiesen ist, soll das kein Thema sein Das sollen die Medien klären – und eventuell die Gerichte. Bis dahin gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.
Was mich an der ganzen Debatte stört ist, dass jetzt wieder über eine Berufssparte eine Diskussion anbricht. Und da frage ich mich schon: Wie kommen wir dazu? Nur weil einige wenige ihre Position möglicherweise für sich ausnützen. Tausende Bürgermeister – und ich weiß, dass ich da dazugehöre – versuchen täglich einen guten Job zu machen und das Beste für die Gemeinde herauszuholen. Tausende Bürgermeister müssen für alles und jedes den Kopf hinhalten, sind für de facto nahezu alles, was in einer Gemeinde passiert, auch persönlich haftbar, wenn sie sich nicht ausreichend abgesichert haben. Tausende Bürgermeister bereichern sich auch nicht, sondern ganz im Gegenteil. Ich beispielsweise verdiene jetzt weniger als Hälfte als früher in der Privatwirtschaft. Dann gibt es ein paar schwarze Schafe, die glauben, dass sie ihr Wissen zu ihren Gunsten ausnützen müssen – und schon brandet wieder die Diskussion auf. Die Bürgermeister sind angeblich zu mächtig. Die Bürgermeister haben zu viel Entscheidungsgewalt. Den Bürgermeistern muss die Raumplanung weggenommen werden. Und so weiter.
In Wahrheit sind Bürgermeister genauso mächtig, wie andere Manager auch, die für einen Betrieb die Hauptverantwortung haben. Ein Bürgermeister hat nicht mehr oder weniger Entscheidungsgewalt als jeder andere Geschäftsführer auch. Den Bürgermeistern muss auch nichts weggenommen werden. Die Entscheidung über eine Raum- oder Bebauungsplanänderung obliegt nicht dem Bürgermeister alleine, sondern dem Gremium des Gemeinderates. Und es bedarf im Vorfeld der Diskussion mit den Beamten der jeweiligen Landesregierung und nachträglich zum Gemeinderatsbeschluss der Zustimmung der Landesregierung. Und wenn jemand etwas tun möchte, was man eigentlich nicht tun sollte, dann sucht und findet dieser jemand immer einen Weg, egal ob er nun Bürgermeister ist oder eine andere Tätigkeit innehat.
Ich möchte jedenfalls nicht, dass eine Gemeinde bei der Raumplanung außen vor gelassen wird. Und dass dann, um es auf Wiener Neudorf herunter zu brechen, in St. Pölten (oder in Wien) alleine entschieden wird, was bei uns wie gewidmet wird.
Ja, zugegeben: Es sind in der Vergangenheit, wenn man 40 Jahre zurückgeht, viele Fehler in der Raumplanung gemacht worden. So wie in vielen Gemeinden wurde auch in Wiener Neudorf Mitte der 80er Jahre die Widmungen der Ortsteile und Liegenschaften weitestgehend festgelegt. Heute würde man einiges anders machen. Eh klar. Und diese Fehler sind leider auch nicht korrigierbar, weil die Verbauung schon stattgefunden hat oder weil eine Umwidmung mit Entschädigungen verbunden wäre, die sich eine Gemeinde unmöglich leisten kann. Aber zur Ehrenrettung der früheren Politikergeneration muss angefügt werden, dass ich denke, dass auch damals versucht wurde, richtig zu entscheiden. Mit dem Wissen von 40 Jahren später ist es leicht zu kritisieren und Vorwürfe zu machen – und zu meinen, dass das damals nicht passieren hätte dürfen.
Im Rahmen der Gesetze und mit Dutzenden stundenlangen Gesprächen und Verhandlungsrunden versuchen wir Bauwerber davon zu überzeugen, weniger zu verbauen als sie könnten bzw. dürften. Weil wir mehr Grünräume und öffentliche Plätze schaffen wollen, aber auch weil weniger Wohnungen auch weniger Verkehr bedeutet. In den allermeisten Fällen sind wir auch erfolgreich.
Ich glaube nicht, dass sich jemand in St. Pölten oder Wien diese Mühe machen würde.