Leider sind wir gezwungen, die nächste Autobahn-Demo zu planen.
Für den 3. Juli war eine weitere Verhandlungsrunde mit der ASFINAG angesetzt, zu der ich gemeinsam mit Vize-Bürgermeisterin Dr. Kleissner mit großen Hoffnungen gefahren bin.
Es wurden uns tatsächlich Maßnahmen präsentiert, die allerdings von den nachgewiesenermaßen knapp 600 Ein- und Mehrfamilienhäuser, die in Wiener Neudorf derzeit deutlichst über den Grenzwerten liegen, nur 23 davon in ausreichendem Maße schützen würden.
Über Tempo 80 rede man nicht – so die ASFINAG. Über geeignete Lärmschutzwände, die eine notwendige Verbesserung bedeuten würden, rede man nicht.
Mehr könne man nicht tun. Es würde eine Dienstanweisung des Verkehrsministeriums geben, die der ASFINAG die Hände binden würde (sinnbildlich). Ich würde eher sagen: Mehr wolle man nicht tun. Ich kenne diese Dienstanweisung, die die maximale Höhe von Lärmschutzwänden regelt etc. Sowohl die ASFINAG als auch das Ministerium wissen, dass diese Dienstanweisung unbrauchbar ist und seit über einem Jahr wird angeblich an einer Verbesserung und Änderung gearbeitet. Es gibt ausreichend Beispiele, bei denen diese Dienstanweisung nicht eingehalten wurde. Warum diese ausgerechnet bei Wiener Neudorf eingehalten werden muss, konnte uns nicht beantwortet werden. Auf die Schwerfälligkeit von staatlichen Einrichtungen braucht man sich nicht auszureden. Auch ich leite einen öffentlichen Betrieb. Wenn in der Gemeinde Wiener Neudorf eine Dienstanweisung existieren würde, die nicht mehr zeitgemäß ist, dann ist diese innerhalb Wochenfrist geändert.
Fassen wir zusammen:
Kein anderer Autobahnabschnitt in Österreich ist mit durchschnittlich 180.000 Kfz (Spitzenwerte bis 200.000) mit der höchstzulässigen Geschwindigkeit von 130 km/h mehr belastet als Wiener Neudorf.
Bei keinem anderen Autobahnabschnitt in Österreich ist die Lärmschutzwand derart desolat, löchrig und durch austretende Dämmwolle krebsgefährdend (lt. einem Gutachten aus 2016).
Nirgendwo anders gibt es eine Überschreitung des Lärm-Grenzwertes um 14 Dezibel (das ist das 2 1/2-fache des Erlaubten).
Unter den jetzigen Umständen dürfte das gesamte Gebiet zwischen B17 und A2 – in dem heute knapp 5.000 Menschen leben – aufgrund der Lärm- und Schadstoffbelastung nicht mehr zum Wohngebiet erklärt werden.
Nirgendwo anders als in Wiener Neudorf macht die ASFINAG nichts. Der Grund ist, dass es bei uns so arg ist, dass mit herkömmlichen Methoden nicht geholfen werden kann.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder eine Einhausung oder eine geeignete Lärmschutzwand verbunden mit Tempo 80. Das eine ist zu teuer. Das andere will man nicht.
Wir haben jetzt fast 3 Jahre verhandelt. Jeder, der mich kennt, kennt auch meine Engelsgeduld. Meine roten Linien sind sehr weit definiert. Aber bei Überschreiten dieser roten Linien ist bei mir der Ofen aus. Mir ist schon klar, dass die ASFINAG weiter und weiter verhandeln möchte, am liebsten bis zur nächsten Gemeinderatswahl im Jänner 2020 mit der Hoffnung, dass sich die politischen Verhältnisse in Wiener Neudorf wieder ändern und dass dieses Thema damit wieder vom Tisch ist.
Ich bin als Bürgermeister (auch) für die Gesundheit der Bevölkerung verantwortlich. Ich bin fassungslos über die Brutalität und die Ignoranz, mit der mit der Gesundheit Tausender Menschen „gespielt wird“. Letztlich ist es vor allem die Gesundheit, um die es im Leben geht. Leider wird uns das viel zu oft erst bewusst, wenn wir sie verloren haben. Man kann mit vielem spielen – aber nicht mit der Gesundheit und überhaupt nicht mit der Gesundheit anderer.
Ich habe, wie bekannt, die Zusagen unserer Landshauptfrau Hanni Mikl-Leitner, die unseres Bundeskanzlers Sebastian Kurz und die unseres Vizekanzlers H.C. Strache, dass der Bevölkerung geholfen wird. Ich werde diese Zusagen nunmehr offiziell einfordern und um Unterstützung bitten.
Dessen ungeachtet hat die Gemeindeführung beschlossen, eine neuerliche Autobahn-Demonstration einzureichen. Es ist traurig, es ist schade und eigentlich unvorstellbar, dass eine Gemeinde für das Recht auf Gesundheit Tausender Menschen auf die Straße gehen muss. Als Termin planen wir den Mobilitätstag Mitte September (höchstwahrscheinlich Sonntag 16. September), vorausgesetzt der Gemeindevorstand stimmt dem Vorhaben und dem Termin in seiner Sitzung im Juli zu. Ich halte Sie informiert.