
Die Sicherheitshaft, die Innenminister Kickl eingefallen ist, wird wohl auch mich treffen. Aufgrund unseres gemeinsamen Vornamens könnte man eine Verwandtschaft vermuten, aber die würden wir beide wohl vehement abstreiten.
Ich gebe zu: Gewarnt wurde ich schon öfter, aber dass das mit der vorsorglichen Sicherheitsverwahrung wirklich kommen wird, habe ich mir nicht gedacht. Ich dachte, das wäre vor 80 Jahren gewesen und würde nie wieder kommen. Naja, ich dachte auch, dass die Schallplatte nie wieder kommen wird.
Es gibt einen Verdacht, aber keinen Beweis, wer mich „angedippelt“ hat. Der Psychiater, der mich untersuchte, hätte aus meiner Sicht dringender einen gebraucht. Das hätte ich wohl nicht sagen sollen.
Aber wahrscheinlich sind die Verdachtsmomente gegen mich so eindeutig, dass die Sicherheitsverwahrung die einzige Möglichkeit ist, die Menschheit vor mir zu schützen.
Immerhin habe ich verfügt, dass allen Mitarbeitern des Gemeindedienstes für den Karfreitag ein zusätzlicher Urlaubstag zusteht. Das liegt nicht im Interesse der Bundesregierung.
Immerhin habe ich mich eines Amtes bemächtigt, worauf in Wiener Neudorf seit zig Jahren eine bestimmte Partei (aber sicher nicht meine) glaubt, eine Erbpacht zu haben.
Immerhin habe ich schon kundgetan, dass ich mich bei der nächsten Gemeinderatswahl bemühen werde, meinen Platz nicht zu räumen.
Immerhin haben wir in Wiener Neudorf in kürzester Zeit geschafft, den Schuldenstand zu reduzieren, obwohl wir deutlich mehr investieren als früher. Der Verdacht liegt natürlich nahe, dass hier Drogengelder …
Meine Einschätzung und Meldung an das Ministerium, dass wir in Wiener Neudorf keine Probleme mit Asylanten hätten, hat mir auch nicht gut getan. Die Veröffentlichung der sinkenden Kriminalitätsrate im Gemeindeblatt hätte mir nicht passieren dürfen.
Dass die Squashunion Wiener Neudorf zum 14. Mal hintereinander Österreichischer Meister geworden ist und die Sportler noch immer nicht des Dopings überführt wurden, liegt angeblich daran, dass ich sie rechtzeitig vor den Kontrollen gewarnt hätte. Verdammt, irgendwer muss doch mein Telefon abhören.
Dass sämtliche ASFINAG-Vorstandsdirektoren, die sich bislang gegen einen wirksamen Lärmschutz für Wiener Neudorf gewehrt hätten, innerhalb kürzester Zeit ihre Sessel räumen mussten, kann sich die Bundesregierung einfach nicht gefallen lassen. Das sehe ich ein. Da bin ich wohl zu weit gegangen.
Standhaft bin ich bei den Verhören geblieben, als man partout wissen wollte, warum der B17-Tunnel unbedingt sein muss. Was denn da auf Staatskosten ausgegraben werden soll, habe ich nicht verraten. Aber es gäbe, wurde mir angedroht, Methoden, die mich schon noch zum Sprechen bringen würden.
Ich solle aufpassen, was ich tue, sage oder denke – wurde mir nahegelegt. Ich stelle mich einmal darauf ein, dass ich meine Amtsgeschäfts demnächst aus dem Gefängnis führen werde. Meine Sprechstunden am Mittwoch Nachmittag bleiben. Für Ihre längere Anfahrtszeit ins „Graue Haus“ entschuldige ich mich schon heute.






