Es war in meiner Schulzeit bald klar, dass die Welt der Buchstaben und der Zahlen meine Welt sein würde. Nicht, weil ich dafür eine besondere Neigung, sondern für alles andere eine überschaubare Begabung hatte. Warum ein Auto funktioniert, wenn ich einen Schlüssel umdrehe, verstehe ich bis heute nicht. Was sich unter einer Motorhaube oder einem Schaltkasten versteckt, lasse ich dort versteckt. Wenn mein Computer nicht funktioniert oder irgendein Lämpchen leuchtet, rufe ich meine Töchter oder Schwiegersöhne (hoffentlich demnächst bald meine Enkeltochter) zur Hilfe.
Wenn es gilt, einen Buchbeitrag oder einen Aufsatz zu schreiben oder das schwierigste Sudoku-Rätsel zu lösen dann fühle ich mich wohl. Zahlen und Ziffern sind für mich zu treuen Freunden geworden. Ich bin als Kind noch extra negativ aufgefallen, wenn ich wusste, die Bestrafung war: Staffelrechnungen. Dass ich damit eher für die Handelsakademie als für die HTL und in weiterer Folge eher für Finanzunternehmen als für eine Technikfirma geeignet war, lag auf der Hand. Glücklicherweise hat auch das Bürgermeisteramt eher mit dem einen als mit dem anderen zu tun.
Schulisch aufgewachsen bin ich mit den Thesen von John Maynard Keynes und Friedrich von Hayek, auch wenn beide unterschiedliche Positionen vertreten, wobei ich mit den Ansichten beider einiges anfangen kann. Mitten in meiner wirtschaftspolitischen Ausbildung bekam Milton Friedman den Nobelpreis und seither verfolgen mich dessen Ausführungen. Bei Einführung des Euro sagte Friedman voraus, dass der Euro innerhalb kürzester Zeit den Kontinent Europa durcheinander bringen und wahrscheinlich spalten werde.
Wie kam Friedman zu dieser Vermutung? Es kann nicht gutgehen, traditionelle Hart- und Weichwährungsländer unter einen Hut zu bekommen – meinte Friedman. Die Länder, die gelernt haben, ihre Probleme mit dem Spielen mit den Wechselkursen zu lösen, werde man nicht kurzfristig auf einen Hartwährungskurs umfunktionieren können – und umgekehrt. Das werde zu Problemen führen, so Friedman damals, die mit der Zeit unbewältigbar werden. Auch das oft zitierte Vorbild USA benötigte fast 200 Jahre, um das finanzielle Miteinander zwischen dem Zentralstaat und den Bundesstaaten halbwegs in den Griff zu bekommen.
Friedman hat prophezeit, dass sich der Euro als eine riesengroße wirtschaftspolitische Fehlentscheidung herausstellen werde, wenn die falschen Rahmenbedingungen (nämlich die, die wir jetzt haben) zugrunde gelegt werden. Friedman hatte damals Recht und hat heute Recht. Sein Beweis sind auch die Wirtschaftsdaten der europäischen Länder, die nicht im Euro sind. Beispiele: Schweiz, England, Ungarn etc. Dort ist die Wirtschaftsleistung in den letzten 10 Jahren gestiegen, in vielen Euro-Ländern nicht. Und viele Länder, wie z.B. Spanien haben sich ja nur oberflächlich mit bestimmten Daten aus der Krise gemogelt – bei einem gefährlich hohen Zuwachs der Arbeitslosenzahlen.
Für viele Länder, wie beispielesweise Deutschland oder Österreich hat sich der Euro weitestgehend bewährt, auch weil wir seit Jahrzehnten gewohnt sind, mit einer harten Währung umzugehen und da ist es egal, ob diese Währung Schilling, Mark oder Euro heißt. Für ein Land, wie Griechenland, das nebenbei eine Reihe von wirtschafts- und fiskalpolitischen Fehlern gemacht hat, ist der Euro, wie er heute verstanden wird, der ganz sichere Weg in eine unaufhaltsame Negativspirale.
Ich verstehe bis heute nicht, warum den Europäern vorgemacht wird, ein Grexit würde Griechenland oder Europa in Gefahr bringen, irgendetwas würde zerfallen oder irgendetwas müsse man unbedingt abwenden. Ich denke, dass der deutsche Finanzminister Schäuble den richtigen Ansatz gewählt hat – und zu unrecht dafür geprügelt wurde und wird. Griechenland kann sich nicht im Euro mit den Sanktionen und Auflagen (die allerdings für eine Hartwährungsunion unabdingbar und notwendig sind) erholen. Griechenland wird auch trotz der nunmehr beschlossenen 86-Milliarden-Finanzhilfe nicht auf die Beine kommen. Und ich behaupte, dass dies viele wissen. Was natürlich nicht geht, ist der Wunsch Griechenlands im Euro zu bleiben, nichts zu verändern und die anderen sollen zahlen. Mittelfristig, da braucht man kein begabter Prophet zu sein, wird es Griechenland nicht schaffen, im Euro zu bleiben. Da versuchen manche, offenbar Zeit zu gewinnen nur weiß ich nicht wofür. Damit es den Griechen insgesamt noch schlechter geht? Damit wir noch mehr hineinbuttern?
Für mich ist der Ausstieg Griechenlands aus dem Euro auf unbestimmte Zeit die einzige Chance. Mit allen Aspekten und Auswirkungen, die damit verbunden sind und die auszuführen zu lange dauern.
Warum beschäftigt sich jetzt ein Dorf-Bürgermeister mit diesem Thema und warum erlaubt sich jemand wie ich über ein so komplexes Thema zu schreiben? Weil es nicht bei Griechenland alleine bleiben wird. Weil ich zwar an die Zukunft der Europäischen Union glaube, aber nicht mehr daran, dass mit unserer Währung die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Andere Länder – neben Griechenland – werden folgen. Und das hat Auswirkungen. Da wird es weitere Hilfspakete geben (müssen) und die werden spürbar sein, für die Staaten, die die Hilfspakete schnüren und tragen werden. Österreich wird dazu gehören. Der Bund alleine wird diese Last nicht tragen können und sie verteilen – auf die Länder und auf die Gemeinden.
Wir müssen also in Hinkunft mit unserem Gemeindebudget sehr vorsichtig umgehen. Wir dürfen und werden keinen absoluten Sparkurs fahren. Wir müssen damit kalkulieren, dass die Zuwendungen, die wir von Bund und Land bekommen, eher weniger werden. Wir müssen und werden zwar nicht jeden Euro drei Male umdrehen, bevor wir ihn ausgeben, aber jeden einzelnen 100-Euro-Schein. Unsere Gemeinde ist in erster Linie abhängig von den Einnahmen der knapp 800 Unternehmen im Ort, die Kommunalsteuern zahlen. Da werden wir eine noch viel engere Partnerschaft leben. Aber alles unter der Überschrift der Verbesserung der Lebensqualität.
Ich habe viele finanzielle Wünsche der politischen Fraktionen am Tisch liegen. Manche davon werden im Budgetvorschlag an den Gemeinderat möglicherweise nicht oder nur teilweise vorkommen (können). Eine weitere übermäßige Verschuldung der Gemeinde, die dann die kommende Generation zu tragen hat, darf nicht mehr stattfinden. Und wir müssen über den Tellerrand hinausschauen. Auch das, was in anderen Ländern, was in Europa passiert, wird Auswirkungen auf unser Gemeindebudget haben. Deshalb war mir das Schreiben dieses Blog-Beitrages wichtig. Damit Sie auch mein Handeln verstehen. Aber natürlich ist das meine persönliche Meinung und muss auch nicht stimmen. Aber ich befürchte, dass sie das tut.