
Nach 10 Jahren Koalitionserfahrung, glaube ich zu wissen, was nötig ist, damit eine Koalition hält. Möglicherweise ist eine Koalition auf Gemeindeebene mit einer auf Landesebene nicht ganz vergleichbar, aber letztendlich – denke ich – schon. Von 2000 bis 2005 durfte ich eine Koalition zwischen Umweltforum (UFO) und ÖVP anführen und von 2015 bis 2020 überhaupt eine 3er-Zusammenarbeit von der inzwischen zur Bürgerbewegung gewordenen Liste Herbert Janschka/ÖVP/Unabhängige, dem UFO und der Orts-FPÖ. Beide Koalitionen haben die jeweiligen Legislaturperioden überdauert. Allerdings: Wäre der Wiener Neudorfer FPÖ-Mann Robert Stania mit ähnlichen Ansichten wie Udo Landbauer auffällig geworden, hätte es mit mir keine Gespräche gegeben.
Politische Parteien geben immer vor, dass es vorrangig wichtig ist, dass man sich auf Sachfragen einigt und irgendwann am Ende auf Personalentscheidungen, die aber nicht so bedeutend wären. Es ginge ja immer – so der Sprech – vorrangig um die Bürger, um die Gemeinde, um das Land – und da muss man selbst eben zurückstehen, über Schatten springen und Gräben zuschütten. Das klingt gut und kommt auch gut an – in der Bevölkerung und in den Medien. In Wahrheit ist das Einigen auf Sachfragen eigentlich das Einfachste und auch Schnellste. Man weiß, was in einem Ort/in einem Land wichtig ist und was gut ankommt. Dann wird noch an Formulierungen gefeilt, um den jeweiligen Wählern sagen zu können, dass das Arbeitsprogramm die jeweilige Handschrift trägt. Natürlich gibt es immer wieder Forderungen von der anderen Seite, bei denen man schlucken muss. Dann wird so lange an diesen Forderungen herumgedoktert, bis beide oder alle Seiten damit leben können, keine Hände abgehackt werden – und diese irgendwie der eigenen Klientel verkaufen können.
In Wahrheit geht es in einer Koalition natürlich um Personalfragen. Wer übernimmt welches Ressort? Wer kann in welchem Ressort am besten für seine Klientel punkten? Welches Ressort ist publikumswirksam? Et cetera.
Aus meiner bescheidenen Erfahrung, hat eine Koalition nur dann Bestand, wenn sich die handelnden Personen halbwegs vertrauen, sich leiden können und mögen, also wenn sie „miteinander können“. Man muss ja nicht gemeinsam auf Urlaub fahren, aber man muss sich freuen, wenn man zusammentrifft und sich nicht denken müssen: „Um Gottes Willen der/die schon wieder!„. Wir wissen aus der jüngsten Vergangenheit, dass heute ausgemachte Arbeitsübereinkommen in wenigen Monaten obsolet sein können, weil sich die Dinge geändert haben, weil wieder eine überraschende Krise ins Land gezogen ist oder auch, weil man Themen im Koalitionsabkommen falsch eingeschätzt hat. Das gegenseitige Vertrauen und das „Miteinander können“ sollte jedoch nicht falsch eingeschätzt werden.
Wenn ich mir die Pressekonferenzen der letzten Tage und Wochen (egal ob einzeln oder gemeinsam) von Hanni Mikl-Leitner und Udo Landbauer ins Gedächtnis rufe, dann können sich die beiden weder leiden noch ausstehen. Ich glaube auch nicht, dass sie sich über den Weg trauen. Irgendwie beruhigt mich das sogar, denn die Repräsentantin einer christlich sozialen Bewegung darf eigentlich auch nicht mit einer so offensichtlich am rechten Rand des Rechtspopulismus stehenden Persönlichkeit können.
Aus meiner bescheidenen Erfahrung kann das nicht lange gutgehen.
Aber natürlich hoffe ich, dass sich meine Erfahrung irrt. Vielleicht wird es die beste Landesregierung aller Zeiten. Vielleicht überrascht mich/uns diese Koalition. Vielleicht werden Hanni Mikl-Leitner und Udo Landbauer noch die allerbesten Freunde. Vielleicht tut diese Koalition auch den Gemeinden gut. Vielleicht bekommen wir in Wiener Neudorf mit dieser Landesregierung endlich den B17-Tunnel. Vielleicht schaffen wir mit einem FPÖ-Verkehrslandesrat endlich eine Temporeduktion auf der A2.
Okay, okay – ich denke, jetzt wird es langsam Zeit, diesen Blogbeitrag zu beenden, sonst ………








