Ruhe im Bund heißt auch Ruhe im Ort!

Der von mir sehr verehrte Karl Valentin hat einmal den Satz geprägt: Es ist alles gesagt, nur noch nicht von allen. Also handle ich danach und gebe auch meinen Senf dazu, bevor ich dann wieder vermehrt Ortsthemen ansprechen werde.

Die Regierungskrise wurde so gelöst, wie ich es mir erhofft und eigentlich auch erwartet habe. Ich gehe davon aus, dass die entscheidenden ÖVP-Gremien Herrn Kurz letztlich glaubhaft überzeugen konnten, dass es nur einen einzigen Weg aus dieser Krise gibt. Und diese Türe aus der Krise hat Sebastian Kurz letztlich doch nach einigen Stunden des Suchens gefunden und aus eigenem geöffnet. Nicht nur viele Gläubige werden sich gedacht haben: Gott sei Dank.

Ich finde es sehr unfair – auch von diversen Medien -, dass der neue Kanzler Alexander Schallenberg von vorne herein als uneigenständige Marionette dargestellt wird, der an den Seilen in den Händen eines angeblichen Schattenkanzlers baumelt. So wie es eine Unschuldsvermutung gibt, muss es auch eine Handlungsvermutung geben. Lassen wir Herrn Mag. Schallenberg handeln, arbeiten und tun. Bilden wir uns in einigen Wochen ein Urteil und kritisieren wir dann, wenn es etwas zu kritisieren geben sollte.

Sebastian Kurz wird einige Zeit brauchen, um zu erkennen, was seine Worte in diversen Chatnachrichten für seine Karriere tatsächlich bedeuten und dass sie ihm in nächster Zeit keine Türen – wohin auch immer – wieder öffnen werden. Egal ob noch zusätzliche derartige deftige Aussagen gefunden werden, allein das was bis jetzt bekannt ist, reicht, um sich ein Bild machen zu können. Wie wir seit heute wissen, haben auch schon Personen aus dem sogenannten „Kurz-Umfeld“ das Feld geräumt und ihre Positionen verlassen. Vielleicht bekommt das Kanzleramt statt des von vielen so verhassten „Kurz-Systems“ ein „Schallenberg-System“ – warten wir es ab.

Persönlich bin ich froh, dass die Bundes-Koalition weitergeführt wird und ich hoffe auf umgehende Stabilität und Ruhe. Denn diese ist auch für uns als Gemeinden wichtig. Die Corona-Pandemie bedarf einer ungestörten und guten Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Unsere Gemeinde steht mit einigen Projekten in Gesprächen mit dem Land Niederösterreich, aber auch mit Ministerien. Ministerwechsel oder gar eine Neuwahl hätten viele diskutierte und geplante Projekte in vielen Gemeinden wieder an den Start – und damit um Monate, wenn nicht Jahre – zurückgeworfen.

Die aus meiner Sicht von den Grünen zu Recht verlangte Reaktion der ÖVP ist erfolgt. Jetzt sollten die Mandatare wieder arbeiten, natürlich einen U-Ausschuss einsetzen, die Immunität von Herrn Kurz aufheben (was er ja bereits selbst verlangt hat), aber vor allem die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ihre Arbeit machen lassen.

In diesem Sinne wäre die morgige Sondersitzung des Nationalrates wegen des Misstrauensantrages gegen den ehemaligen Kanzler Kurz eigentlich obsolet. Aber es ist die Gelegenheit für viele Nationalratsabgeordnete vor laufender Kamera auch alles das zu sagen, was eigentlich schon alles gesagt wurde. Es gibt halt mehrere Verehrer von Karl Valentin, offenbar auch im Parlament.

3 Gedanken zu „Ruhe im Bund heißt auch Ruhe im Ort!

  1. Ein_Moedlinger

    Sebastians Kurzens Immunität würde ohnedies nicht halten, denn es ist gelebte Praxis des Parlaments einem Aufhebungsantrag stattzugeben, sofern der Vorwurf den Zeitraum vor der Abgeordneten-Phase betrifft – was hier eindeutig der Fall ist.

    Insofern – das ist lediglich ein strategischer Trick die Aufhebung selbst zu verlangen – er „verliert“ sie nicht, und er steht im verbliebenen Fanclub vorerst als Held dar, der ganz sicher unschuldig sein wird – der arme Bub.

    Mögen nach Kurz-bedingten unruhigen Jahren wieder ruhigere, konstruktivere und sachorientiertere Jahre in die Innenpolitik finden – hoffentlich auch wieder mit inhaltlichem Diskurs statt message control (im Nachhinein birgt dieser Spruch einen tieferen Wortwitz bzw. Ironie)

  2. Markus

    Ich beziehe mich auf Ihre Aussage:
    „Lassen wir Herrn Mag. Schallenberg handeln, arbeiten und tun. Bilden wir uns in einigen Wochen ein Urteil und kritisieren wir dann, wenn es etwas zu kritisieren geben sollte.“

    Eine der ersten Handlungen von Herrn Mag. Schallenberg als neuer Bundeskanzler war die heute zur Schau gestellte Verachtung der Justiz im Parlament:
    https://twitter.com/mathiasmoe/status/1447858150900740096

    Solche Handlungen eines „Diplomaten adeliger Herkunft“ [1] werden sicherlich in dieses Urteil mit einfließen. Ebenso bleibt abzuwarten, ob „in einigen Wochen“ noch weitere Personen aus dem Umfeld der ÖVP festgenommen werden. [2]

    [1]: https://orf.at/stories/3231848/
    [2]: https://orf.at/stories/3232239/

    1. Ein_Moedlinger

      Passend dazu die „Abrissbirne Sobotka“ – https://www.derstandard.at/story/2000130382727/ex-kanzler-kern-sobotka-war-die-abrissbirne

      Seit Mitterlehner / Kern (hätten die beiden eine Chance gehabt, vermutlich ein Dream-Team der Innenpolitik – Achtung persönliche Meinung!) ging es in der österr. Innenpolitik unglaublich steil bergab.

      Dachte man damals schon „schlimmer geht nimmer“, so weiß man heute dank Kurz – „schlimmer geht immer“.

      Ebenso hat Schallenberg sich und der ÖVP mit seinen Auftritten am Tag 1 keinen Gefallen getan – eher irritierend bis verstörend.

Kommentare sind geschlossen.