Bundespräsidentenwahl: Ich denke, ich sollte kandidieren!

Wer sonst – außer ich!

Heute früh lese ich, dass es mittlerweile 24 Personen geben soll, die versuchen die notwendige Anzahl von 6.000 Unterstützungserklärung zu schaffen, die für eine Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober erforderlich ist.

24 ist keine schöne Zahl. 25 klingt besser. Und ich könnte derjenige sein, der das Vierterl voll macht. Alleine schon damit würde ich dem Kandidaten der Bierpartei eins auswischen, der ja bestenfalls in Seideln denkt.

Und immerhin bringe ich ja einiges mit. Über 12 Jahre Bürgermeister in Wiener Neudorf. Na hallo! Das haben vor mir nur ganz wenige geschafft. Und überhaupt ist ja Bürgermeister eh so etwas ähnliches wie Bundespräsident – nur halt im Kleinen. Aber auch viele – auch erfolgreiche – Generaldirektoren haben im Unternehmen als Abteilungsleiter klein angefangen. Ich kenne also das Amt und seine Herausforderungen. Im Ernennen von Gemeinderäten und Gemeindevorständen bin ich relativ gut. Da dürfte die Hürde zum Unterschied zu Ministerernennungen, also der Haupttätigkeit eines Bundespräsidenten, nicht allzu groß sein. Das schaffe ich. Mit links. Und rechts.

Ein Bundespräsident muss reden können! Ich bin sehr geübt im Redenhalten. Mein Gott, ob das jetzt im Festsaal des Freizeitzentrums Wiener Neudorf oder auf der Seebühne in Bregenz ist – wurscht! Ich bin auch diesbezüglich sehr sparsam. Redenschreiber/-in brauche ich keine/n. Ich weiß im Normalfall selbst, was ich sagen möchte. Und wenn mir das jemand anderer vorgeben möchte, dann soll er das gefälligst selber sagen. Genau!

Ein Bundespräsident darf nicht medienscheu sein! Auftritte vor Kameras liebe ich sowieso. Und ob mir der Binder Sepp von Neudorf-TV eine Frage stellt oder der Pötzelsberger Tobi in der ZIB1 ist auch schon egal.

Die Konkurrenz! Die meisten der heurigen Kandidaten kommen ja aus dem Demonstrationseck. Na bitte – genau mein Metier. Aber wer von diesen Pseudo-Demonstranten hat schon jemals eine Autobahn sperren lassen? Ich habe das schon mehrfach. Da wäre bestenfalls mein Spezi, der Gurgiser Fritzl, eine ernstzunehmende Konkurrenz. Gut, ein paar Stimmen würde ich an die Demo-Konkurrenz verlieren, weil so besoffen und verwirrt könnte ich nie sein, um vor Krankenhäusern zu demonstrieren. Aber die Stimmen der Wähler, die das für besonders lustig halten, würde ich sowieso ablehnen und die Wahl anfechten.

Ein Bundespräsident muss etwas darstellen! Gut aussehend? Naja. Aber wenn ich mir die Konkurrenz anschaue, dann bin ich mit meinem Spiegelbild eigentlich ganz zufrieden. Und wenn ich den Kopf ein wenig nach hinten beuge, dann sieht man die immer größer werdende Glatze sowieso nicht. Und die meisten Wähler, vor allem die -innen, sind sowieso kleiner als ich und kennen meinen Oberkopf nur aus den äußerst seltenen Drohnenaufnahmen.

Ein Bundespräsident muss volksnah sein! Also volksnäher als ich gibts gar nicht. Volksnähe ist quasi mein zweiter Vorname. Gut, wenn ich die Grätzelsprechstunden, die ich verteilt in Wiener Neudorf abhalte, in ganz Österreich in allen Gemeinden verteilt abhalten möchte, dann wird das problematisch. Aber nicht für mich, sondern für die Zeit. Das geht sich in 6 Jahren Amtszeit unmöglich aus. Auch egal – kandiere ich halt in 6 Jahren wieder. Der Erfolg wäre garantiert. Denn die Bürger/-innen der Gemeinden, die ich in der ersten Amtszeit nicht besucht haben werde, müssen mich dann notgedrungen wählen, sonst bleiben sie unbesucht.

Zur Wahl werden 6.000 Unterstützungserklärungen benötigt! Ein Klacks! Die kriege ich alleine in meiner Heimatgemeinde. Noch nie war ein Wiener Neudorfer Bundespräsident. Langsam wird es Zeit. Das sehe mit Sicherheit nicht nur ich so. Und da ich gebürtiger (und dort aufgewachsener) Mödlinger bin, sollte mich die Nachbargemeinde auch – im eigenen Interesse – unterstützen. Und außerdem war ich in Zirl auf Urlaub, mehrfach, und in Grödig und in Mühlbach und in Ried im Innkreis. Auch das sollte mir einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. In Kitzbühel war ich übrigens auch schon und durch Attnang-Puchheim bin ich schon öfter durchgefahren. Aber das nur am Rande.

Je mehr ich darüber nachdenke, umso sicherer werde ich mir. Ich will nicht nur kandidieren. Ich muss. Es ist Sonntag, 8.20 Uhr. Erfahrungsgemäß steht meine Frau (mit der ich übrigens seit 40 Jahren verheiratet bin – Stichwort: Treue – ganz wichtig für das Amt) in der nächsten Stunde auf. Ich werde sie einmal um ihre Meinung fragen. Denn immerhin würde der so offenbar sichtlich erwartbare Erfolg unsere Lebensplanung ganz schön über den Haufen werfen. Das mit dem Versprechen an meine Töchter: „Wir passen in einer paar Jahren auf die Enkelkinder auf“ – wird es dann nicht mehr spielen. Die Stimmen meiner Kinder werden dann wohl oder übel an Marco Pogo gehen.

16 Gedanken zu „Bundespräsidentenwahl: Ich denke, ich sollte kandidieren!

  1. P. Huber

    Gut geschrieben.
    Ich fürchte nur, der eine oder andere hiererorts wird die Satire nicht erkennen (wollen) …

    1. Herbert Janschka Artikelautor

      Tja, wenn ich mir manche Kommentare auf Facebook durchlese, dann dürften Sie möglicherweise recht haben. Ich bin ja an sich ein bekennender Leugner der so negativen PISA-Studien-Ergebnisse in Österreich, aber dann kommen mir doch Zweifel und ich überlege, ob die Ergebnisse nicht doch stimmen könnten.

  2. Bürger Wr. Neudorf

    Ich denke, Sie würden auch locker die Hürde von 6.000 Stimmen schaffen, die Sie benötigen würden, um anzutreten.

    Einfach weil die Hoffnung für Wr. Neudorf dann besteht, dass Sie Wr. Neudorf als Bürgermeister verlassen.

    Dafür würde ich Sie gerne zum Bundespräsident wählen.

    1. Herbert Janschka Artikelautor

      Uh, das ist ein gutes Argument. So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Das erhöht meine Chancen ungemein.

      1. P. Huber

        Das ist eben der Unterschied: Bürgermeister kann man abwählen, notorische Querulanten mit Blockwart-Mentalität nicht.

      1. Brigitte Kerschhofer

        Danke für diesen launigen und ironischen Bericht! Wir haben uns köstlich amüsiert.
        Brigitte Kerschhofer und Ronald Volf

  3. Karl-Heinz Tod

    Wo waren die Zeiten, wo du mit deine Spezies unterwegs warst. Das solltest du ehr pflegen und net den BP, denk dran, du hast auch Familie, die braucht dich! LG h

  4. Matt

    Bitte tun Sie das nicht, ansonsten wir Sie als Bürgermeister der Gemeinde verlieren. Sie haben für uns schon so viel erreicht und geleistet, und der Weg sollte genau so weitergehen!

  5. Oliver Woller

    Super Idee!

    Ich bestell vorab schon mal 6.000 Manner-Schnitten.
    Mit denen gehen wir in Neudorf auf Stimmenfang. Quasi „hausieren“. 🙂

    Wenn wir dann 6.000 Manner-Schnitten gegen 6.000 Unterschriften eingetauscht haben bekomme ich natürlich im Anschluss den Posten für den Außenminister!
    Genau 🙂

    Die wichtigste Kontaktadresse habe ich übrigens schon. Also ich werde in meiner Amtszeit vorerst viele Briefe verschicken.

    Und zwar an:

    Mr. Vladimir Putin
    President of Russia
    Presidential Executive Office
    23, Ilyinka Street,
    Moscow
    103132
    Russia

    С наилучшими пожеланиями
    Oliver Woller

  6. Stefan Kohoutek

    Wahrhafte Ankündigung oder Ironie? – Na dann, schauen wir mal, was in den nächsten Tagen passiert … ????

    Gegen VdB um das Bundespräsidentenamt zu stechen wär‘ mal was ganz anderes. Einmal raus aus dem kommunalen Alltag, etwas ganz anderes tun. Obwohl: vielleicht ist das Bundespräsidentenleben etwas langweilig. Gesetze durchlesen, kontrollieren, ob sie verfassungskonform sind und dann abzeichnen. Empfänge von Staatsbesuchern sind selten geworden, dafür bliebe aber mehr Zeit für Spaziergänge mit der Gattin in der Wiener City. Spannend ist es vielleicht, Oberbefehlshaber des Bundesheeres zu sein – aber das macht eh die Tanner … Vielleicht will man es gar nicht so genau wissen, wie denn das Bundesheer in Zeiten des Ukrainekriegs beisammen ist!

    Aber ein Bundespräsident kann auch spannende Zeiten durchleben – die nächsten Ministerangelobungen nach Regierungsumbildung kommen bestimmt. Vielleicht fliegen auch mal so richtig die Fetzen zwischen ÖVP und Grünen und sie können einander gar nicht mehr riechen – das bedeutet Beamtenregierung 2! Oder es muss sogar ein neuer Bundeskanzler angelobt werden, wenn die ÖVP der Meinung ist, dass es Kanzler Nehammer nicht mehr bringt – es heißt eigentlich: Frau Bundeskanzler und Herr Nehammer.

  7. Jutta Tillmann

    Sehr geehrter Herr Bürgermeister Janschka!

    Vielen Dank für Ihren langen Beitrag zur simplen These. Der Slogan lautet „J for P“. 

    Ob Satire oder Ernst ist nicht Frage des Intellekts, sondern der Perspektive – wer spottet über wen? Spricht ein Narzisst über die Rolle des Echoisten, oder ist es doch umgekehrt? 

    Die Kunst der Satire ist eine Knifflige. 

    Ich darf Ihnen als Ergänzung einen Artikel des DLF, Psychoanalytiker Rolf Haubl im Gespräch mit Kathrin Hondl | 03.07.2016,  empfehlen.

    Alles Gute! Jutta Tillmann 

    https://www.deutschlandfunk.de/narzissten-in-der-politik-diesem-typus-von-politiker-geht-100.html

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