Ich bin enttäuscht, erbost, wütend, zornig, empört, auf gut wienerisch „ang’fressen“ und ich fühle mich bewusst betrogen.
Die Gemeinde war jahrzehntelang Kunde bei der Uni-Credit (Bank Austria) bzw. ihrer Vorgängerunternehmen. Als die Zweigstelle in der Hauptstraße geschlossen wurde und die Gemeinde damit eine Bankfiliale als Nahversorger verloren hat, sind wir im April 2016 mit unserem Hauptkonto (worüber wir knapp 30 Millionen € jährlich abwickeln) zur ERSTE-Bank gewechselt. Damals wurde mir hoch und heilig versprochen, dass der Standort in Wiener Neudorf-Reisenbauer-Ring erhalten bleibt und nie und nimmer an eine Schließung gedacht ist. Das war, neben der guten Konditionen, die uns angeboten wurde, der Hauptgrund des Bankenwechsels der Gemeinde.
Ich habe Verständnis, dass Unternehmen (auch Banken) einsparen müssen, dass Zweigstellen geschlossen werden müssen, dass Synergien gesucht werden müssen. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass ich in den Verhandlungen angelogen wurde. Und das muss ich annehmen. Denn die Idee zur Schließung einer Zweigstelle erfolgt nicht (und immerhin bin ich ausgebildeter Banker und maße mir hier eine gewisse Kenntnis an) durch eine Nacht-und-Nebel-Aktion oder durch kurzfristige Überlegungen. Da gehen in einem seriösen und gut geführten Unternehmen, und das ist die ERSTE-Bank zweifelsfrei, langfristige Strategiepläne voraus. Ich habe zur Bedingung gemacht, dass die Hausbank der Gemeinde einen Sitz in Wiener Neudorf haben muss und nicht daran denkt, abzusiedeln. Ich behaupte, dass die ERSTE-Bank bei Vertragsabschluss gewusst hat, dass es zu einer Konzentration am Mödlinger Standort und zu einer Schließung der Filiale in Wiener Neudorf kommen wird und mich damit bewusst hinters Licht geführt hat.
Die Schließung der ERSTE-Bank-Filiale am Reisenbauer-Ring ist nach der Schließung der Bank-Austria-Filiale ein großes Problem, weniger für die Gemeinde als für viele Privatpersonen, gerade ältere Mitbürger, die eine Bankfiliale in der Nähe brauchen. Stolz wurde mir berichtet, dass zahlreiche Wiener Neudorfer/-innen nach der Schließung der Bank-Austria-Filiale zur ERSTE-Bank gewechselt sind. Was machen diese zahlreichen Wiener Neudorfer/-innen jetzt? Viele sind deshalb gewechselt, weil sie einen Bank-Nahversorger in unmittelbarer, sprich: fußläufiger Nähe brauchen.
Ich werde der Bitte der ERSTE-Bank-Delegation, die mich gestern aufgesucht hat, nach einer weiteren Zusammenarbeit ganz sicher nicht nachkommen. Eine Bank, für die eine finanzielle und wirtschaftliche Hochburg wie Wiener Neudorf mit über 9.000 Einwohnern und knapp 800 Betrieben nicht attraktiv genug ist, ist für mich nicht attraktiv genug. Und ein Geschäftspartner, der aus meiner Sicht in den Verhandlungen nicht ehrlich zu mir ist und mich dann vor vollendete Tatsachen stellt, ist für mich kein interessanter Geschäftspartner. So gut können die Konditionen gar nicht sein. Für mich zählen Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Handschlagqualität mehr als ein paar Euros weniger Ausgaben.
Wir haben noch Bankfilialen in Wiener Neudorf. Die Gespräche über einen neuerlichen Bankenwechsel werde ich nächste Woche starten.