Wiederholung Bundespräsidentenwahl: Ich verstehe es nicht!

Vorweg: Das ist kein Artikel für oder gegen einen der beiden Bundespräsidentschaftskandidaten. Das ist ein Beitrag über ein Thema, das mich seit Tagen beschäftigt.

Ich habe zwar befürchtet und letztlich damit gerechnet, dass der VfGH eine Wahlwiederholung oder Teilwiederholung der Bundespräsidentenwahl ansetzen wird – verstehen und nachvollziehen kann ich es nicht.

Für mich muss ein Wahlergebnis den Wählerwillen abbilden. Und nachdem der VfGH festgestellt hat, dass – zwar mir völlig unverständliche – Schlampereien in einigen Bezirkswahlbehörden passiert sind, aber keine Manipulationen, ist für mich der Wählerwille bei der Wahl am 22. Mai sehr wohl abgebildet. Formalverstöße hin oder her. Was können die Wähler/-innen dafür, dass ihre Stimmen nicht am Montag früh, sondern am Sonntag Abend ausgezählt oder zur Auszählung vorbereitet wurden – und deren Stimmwille nun jetzt nichts mehr zählen soll?? Die formalen Verstöße sind keinesfalls in Ordnung, aber das Ergebnis ist dadurch nachweislich kein anderes.

Ich kann auch mit der Feststellung des VfGH nichts anfangen, der zwar ermittelt hat, dass keine Manipulationen stattgefunden haben, aber es hätten welche stattfinden können – theoretisch und hypothetisch. Das ist für mich so, als würde ich von der Polizei gestraft, weil ich durch eine 30 km/h-Zone mit meinem Auto gefahren bin. Es wurde zwar nicht festgestellt, dass ich schneller gefahren bin, aber weil mein Auto technisch schneller fahren kann als 30 km/h, hätte ich dies ja können – theoretisch und hypothetisch.

Dass  Wahlbeisitzer und Wahlzeugen in den Bezirkswahlbehörden, die eine ordnungsgemäße Abhaltung einer Auszählung zuerst mit ihrer Unterschrift beurkunden, dann aber die Ordnungsmäßigkeit widerrufen, weil sie gar nicht dabei gewesen sind und damit zugeben, Urkundenfälschung begangen zu haben, entzieht sich überhaupt meinem Verständnis. Aber auch hier wurden eindeutig keine Manipulationen festgestellt, nur die Tatsache, dass theoretisch und hypothetisch welche stattfinden hätten können.

Für Wiener Neudorf kann ich im übrigen jedwedes Fehlverhalten der Gemeindewahlbehörde und der insgesamt 13 Sprengelwahlbehörden dezidiert ausschließen. Wir brauchen auch keine OSZE-Beobachter, die uns auf die Finger schauen.

Angeblich war ja der Hauptgrund für die Aufhebung des Wahlergebnisses die seit 40 Jahren praktizierte Weitergabe des Innenministeriums von bereits ausgezählten Stimmen (Vorarlberg und Kleingemeinden) ein bis zwei Stunden vor Wahlschluss an Parteizentralen und den ORF, zur Aufbereitung der Hochrechnung. Damit wurde zwar nachweislich weder manipuliert noch beeinflusst, aber es hätte ja können – theoretisch und hypothetisch. Da sind wir wieder bei meinem Auto und der 30 km/h-Zone.

Ich fange auch mit den Aussagen von HBP Dr. Fischer, Bundeskanzler und Vizekanzler abwärts nichts an, die meinen, der Spruch des VfGH hätte letztlich etwas Gutes für Österreich und daran würde man erkennen, dass der Rechtsstaat funktioniere. Wenn der Rechtsstaat nur dann funktioniert, wenn der VfGH aus theoretischen und hypothetischen Gründen ein Wahlergebnis aufhebt, dann werden wir in der nächsten Zeit noch zahlreiche Wahlaufhebungs-Versuche erleben, um etwas Gutes für Österreich zu tun – und um zu beweisen, dass der Rechtsstaat funktioniert.

Es sollen dieselben Personen, lt. VfGH, am 2. Oktober noch einmal zur Wahlurne gebeten werden, die auch am 22. Mai wahlberechtigt waren. Keine/r mehr und keine/r weniger – der Fairness wegen. Ein Problem stellt für mich dar, dass davon bis dahin knapp 23.000 im Mai Wahlberechtigte im Oktober nicht mehr wahlberechtigt sind, weil sie leider verstorben sein werden. Pro Monat sterben in Österreich durchschnittlich etwa 5.500 Wahlberechtigte – leider nicht nur theoretisch und hypothetisch.

Vielleicht erfolgt dann ein Einspruch aus dem Jenseits – natürlich nur theoretisch und hypothetisch – aber ganz sicher nur zum Wohl von Österreich und des Rechtsstaates.

13 Gedanken zu „Wiederholung Bundespräsidentenwahl: Ich verstehe es nicht!

  1. Wiener Neudorfer

    Lieber Herr Janschka!

    Meinem Verständnis nach, war es in den paar Tagen gar nicht möglich konkrete Manipulationen nachzuweisen, das dauert Monate, wie konkrete Fälle zeigen. Die Möglichkeit der Manipulation von tausenden Stimmen wurde sehr wohl nachgewiesen.

    Was nachdenklich stimmt, dass immer wieder, wenn Manipulationen nachgewiesen wurden, diese zu Gunsten der an der Macht stehenden Parteien passiert waren!

    Das die Politik lügt, wenn immer es auch möglich ist, kann doch wirklich nicht mehr abgestritten werden. Aus langer Beobachtung glaube ich, Sie daraus ausnehmen zu können, aber sonst?

    Gesetzeswidriges Verhalten als „das war immer schon so“ oder halt typisch österreichische Schlampigkeit abzutun, ist schon grenzwertig!

    Was war wohl mit Wien – Wahlen, Mahü – Wahlen, EU – Beitritt (wo von Hunderten von Leuten, mit denen ich vorher gesprochen hatte, 99%(!) dagegen waren)?

    War das „immer schon so“?

    Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, das gerade bei uns was nicht ordnungsgemäß abgelaufen ist, obwohl Bleistifte in der Wahlzelle auch fragwürdig sind (ich habe meinen Kugelschreiber mitgenommen).

    Also fahre ich nochmal hin, sehe wieder meine alte Volksschule und dann schau ich weiter. Also 15 Minuten, haben wir die nicht?

    OSZE – Beobachter sind immer wieder da, das stellt auch kein grosses Problem dar…..

    Gerade die jetzige politische Arbeit in unserem Ort hat solche „Manipulations- und Schlamperei“- spielchen nicht nötig.

    Das war vorher noch anders, als vom „Bildungscampus“ geschwafelt wurde, obwohl das Grundstück offensichtlich nie im Besitz der Gemeinde gewesen war.

    Oder war die Behauptung auch nur eine politische Lüge?

    Ich glaube wirklich, dass dem nicht so war!

    Das ein VdB nach dem „Wahlerfolg“ gleich laufend in Interviews Aussagen, die diametral zu den im Wahlkampf getätigten stehen, steht noch auf einem anderen Blatt……….

    Schade ist nur, wohin unsere Republik schon „verkommen“ ist.

    1. Herbert Janschka

      Lieber Wiener Neudorfer!

      Manipulationen hätte man mit Sicherheit auch nach Monaten nicht nachweisen können, weil es diese nicht gab. Ich freue mich, dass Sie zur jetzigen Politik in Wiener Neudorf großes Vertrauen haben.
      Ich bin seit mittlerweile 26 Jahren in diversen Funktionen (Vertrauensmann, Beisitzer, Sprengelwahlleiter, Gemeindewahlleiter) bei den unterschiedlichsten Wahlgängen in Wiener Neudorf dabei und kann zu 100 % ausschließen, dass zu irgendeiner Zeit irgendwelche Manipulationen bei Wahlhandlungen passiert sind – oder nur versucht worden wären.

      Das einzige, das ich feststellen konnte war, dass – allerdings ist das auch schon ein paar Jahre her – vereinzelt viele Personen in eher kleinen Wohnen nebengemeldet waren. Diese Personen waren dann bei Gemeinderatswahlen ebenfalls wahlberechtigt. Da ist schon aufgefallen, dass sie nicht einmal wussten, wo genau sie eigentlich gemeldet sind. Aber bei den Wahlhandlungen an sich ist immer alles ordnungsgemäß abgelaufen.

      Kurze Richtigstellung Ihres Textes: Wir hatten und haben in Wiener Neudorf keine Bleistifte, sondern immer nur rote dicke Buntstifte.

        1. sascha

          Ich unterstütze das HOCH auf unsere Buntstifte, die ich schon immer „bemerkenswert“ fand und verstehe unseren Bürgermeister richtig, dass ich künftig ruhig bei ROT über die Kreuzung fahren darf, sofern dabei nix passiert und dafür dann also auch kein Strafmandat bekomme !?!

          Die Wiederholung der STICHWAHL gefällt allerdings auch mir so gar nicht, denn ich finde dass entweder NUR die BriefwählerInnen nochmals abstimmen hätten dürfen ODER überhaupt DIE GANZE WAHL von Anfang an NEU mit ggf NEUEN KandidatInnen UND NATÜRLICH aktualisiertem WählerInnenVerzeichnis hätte gemacht werden müssen, weil sich seither viel getan hat in Österreich und auf der Welt!

          1. Herbert Janschka

            Nö, bei ROT über die Kreuzung fahren darf man nicht – das habe ich weder geschrieben noch dazu aufgefordert.

        2. Sascha Träger

          Ich unterstütze das HOCH auf unsere Buntstifte, die ich schon immer „bemerkenswert“ fand und verstehe unseren Bürgermeister richtig, dass ich künftig ruhig bei ROT über die Kreuzung fahren darf, sofern dabei nix passiert und dafür dann also auch kein Strafmandat bekomme !?!

          Die Wiederholung der STICHWAHL gefällt allerdings auch mir so gar nicht, denn ich finde dass entweder NUR die BriefwählerInnen nochmals abstimmen hätten dürfen ODER überhaupt DIE GANZE WAHL von Anfang an NEU mit ggf NEUEN KandidatInnen UND NATÜRLICH aktualisiertem WählerInnenVerzeichnis hätte gemacht werden müssen, weil sich seither viel getan hat in Österreich und auf der Welt!

  2. Adler Elisabeth

    Enrweder gibt’s ,Gesätze oder nicht… Ein „bisschen schwanger“ geht’s auch nicht……oder?
    Für mich ist der“WAHLHAMPF“ vollkommen sinnlos!!! Wir wissen sowieso Alles und noch mehr von und über den Kandidaten!!!!
    Meiner Meinung nach sollte jede Wahl Pflichtwahl sein!!! Keine Briefwahl ist notwendig! Die Zeitpunkt von der Wahl( welche auch immer) steht sehr lange fest,es dauert höchstens eine 1/2 Stunde!
    Also keine Ausrede! Entweder GEHT man wählen oder nicht .. KEINE BRIEFWAHL…kein Problem !

    1. Peter Stockhammer

      Wahlpflicht wäre gut, aber das geht nur MIT Briefwahl.
      Wieso soll ich einen Urlaub, den ich im März für das 1. Oktoberwochenende gebucht habe wegen so einer Neuwahl stornieren müssen? Wer zahlt mir die Kosten?

  3. Ein_Moedlinger

    Man darf nicht vergessen, dass _diese_ Freiheitlichen stets nur Gutes und Sinnvolles für Österreich wollen und auch entsprechend agieren, also kann auch diese Wahlwiederholung nur Gutes und Sinnvolles für Österreich bedeuten – oder etwa nicht?

    Dass sich aktuelle UHBP als argumentativer Steigbügelhalter künftiger freiheitlicher Ausdünstungen zu Wahleinsprüchen andiente, ist allerdings bedauerlich – eine weniger „österreichische“ Stellungnahme und klarerer Worte wären wünschenswert gewesen.

    In der Sache selbst jedoch ist das VfGH-Erkenntnis zwar staubtrocken (und das soll es auch sein), jedoch der Verfassung entsprechend unpolitisch neutral. Auch wenn mir persönlich ein anderer Entscheid lieber gewesen wäre, so ist eine neutrale Auslegung letztlich vernünftig, und die bekannt gewordenen Zustände sind teils wirklich untragbar und unhaltbar – auch wenn ich davon überzeugt bin, dass es keinerlei systematische Manipulationen über vielleicht eine Handvoll Fälle hinaus gegen hat.

    „In Österreich beginnt der Balkan“ – kennt wohl jeder, und genau in solchen Zuständen fußt diese Äußerung … es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Beamte vorauseilenden Gehorsam üben, um es der Behörde bzw. dem Ministerium recht zu machen – wo überall noch ist das der Fall?

    Vielleicht auch im Falle von Genehmigungen neuer Autobahnen, Produktionsanlagen, Umwidmungen etc.? Unbegründet ist die Meinung vieler sicherlich nicht, dass „der Große“ eine andere staatliche Behandlung bekommt als „der Kleine“ – diesmal war „der Große“ eben die Republik selbst in der Form des BMI, und anstatt RECHTZEITIG eine KORREKTE Umsetzung der Auszählung zu begehren bzw. zu ermöglichen (die Anzahl der Wahlkarten war im Vorfeld bekannt), wird lieber Recht gebogen … da entscheidet dann also der lokale „Dimpflhuber“ individuell wie mit Gesetzen in seinem Umfeld umzugehen ist, und schafft sich sein eigenes Recht …. das brauchen wir nicht und gehört in allen Bereichen abgestellt (sofern sich jemand traut ….).

    Eines allerdings ist auch klar – Wahlbeobachter der OSZE benötigen wir sicherlich nicht, genauso wenig wie aus dem Volk verpflichtete Wahlbeobachter etc. Tolle Ideen, Herr Innenminister, so heiß war dieser Sommer bis jetzt doch gar nicht ….

  4. Herr Muster

    „Meiner Meinung nach sollte jede Wahl Pflichtwahl sein!!! Keine Briefwahl ist notwendig! Die Zeitpunkt von der Wahl( welche auch immer) steht sehr lange fest,es dauert höchstens eine 1/2 Stunde! Also keine Ausrede! Entweder GEHT man wählen oder nicht .. KEINE BRIEFWAHL…kein Problem !“

    Was für eine unsinnige Aussage. Sollen alle Österreicher, die freiwillig oder unfreiwillig nicht zur Wahl gehen können entweder ihr Stimmrecht verlieren oder sich strafbar machen (Wahlpflicht nach Ihren Vorstellungen)?

    Beispiel 1: Person A MUSS am 2. Oktober beruflich im Ausland sein (Dienstreise).

    Beispiel 2: Person B hat für Anfang Oktober einen Urlaub gebucht bevor überhaupt von einer Neuwahl die Rede war.

    Was sollen diese Personen Ihrer Meinung nach tun, Frau Adler?

    Es sind nicht alle Menschen in Österreich Pensionisten!

    Bitte ein bisschen nachdenken, bevor man derartig „intelligente“ Aussagen verfasst.

  5. Oliver Woller

    Ein Wahldurchgang sollte ausreichend sein…
    Die % Hürde im ersten Durchgang finde ich eher problematisch, als die Wahlwiederholung.

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